Installation mit Holzschnitt, Raku-Keramik und Porzellan

Nigredo – Albedo

Amrei Wittwer stellt in „Nigredo-Albedo“ (lat. die Schwärzung – das Weissen) die Techniken Rakubrand, Hochbrand und Holzschnitt gegenüber. Alle drei Techniken verbindet neben ihrer Traditionalität die Widerspenstigkeit des Materials und ihre Serialität.

Ihre neuen Arbeiten, die unter anderem auch im Rahmen des Startstipendiums des Landes Vorarlberg entstanden sind, erwecken das Gefühl, von der Zeit gezeichnet, ausgegraben worden zu sein. Das Tier als wichtiges Thema frühzeitlicher Kunst steht im Zentrum der Ikonographie. Es repräsentiert das Idol des beseelten Anderen, seiner Aufrufung und Besänftigung.

Metanoia ist der altgiechische Begriff für ein plötzliches, unerwartetes „Mindshift“. In einer Metanoia verändern wir unser Denken und Handeln, unsere Art zu leben, unsere Interpretation der Welt. Die Alchemie, Urgrossmutter der Chemie und Psychologie beschreibt die Metanoia als zwei Prozesse, die Nigredo und die Albedo: Schwarz geht vielen Formen der Transformation voraus. Es ist der individuelle Farbton des sich Abwendens, des in sich Kehrens. Die Albedo wird als Zustand der Erhellung begriffen, als das Erwachen unbekannter Aspekte des Bewusstseins. Die Arbeiten der Ausstellung vertreten den Wunsch einer Metanoia der Führung des Gemeinwesens.

„Nigredo – Albedo“ eröffnen Diskussionen über die wechselseitige Bedingtheit, Verbundenheit, Verantwortlichkeit in der und für die Natur; für jede und jeden Einzelnen in den gesellschaftlichen Organisationsformen von Religion und Staat.

Mantra
Die Werkgruppe, die Fliese der Druck und erlauben die gebetsmühlenartige Wiederholung eines Themas. Letztere beiden Techniken sind für das Auftauchen in Masse, für die Serialität geschaffen. Im tibetischen Buddhismus werden Gebetsmühlen gedreht, mit dem Wunsch, dass die in der Walze befindlichen Mantras zum Wohle der fühlenden Wesen wirken, deren Leid beseitigen und ihnen Glück bringen. Mit jeder einzelnen Fliese, mit jedem Bild wird das Tier – als nichtmenschliche Person – angerufen, so lange bis verbindliche, fein regulierte Gesetze das Tier und seine Nachkommen vom Aussterben schützen.

Werkproben

Vögel scheinen nicht denselben Gesetzen unterworfen zu sein wie wir. Mit der Schwerelosigkeit von Gedanken trotzen sie der Schwerkraft. Sie navigieren ohne Sextant und Kompass, sie folgen der Sonne, dem Mond, den Sternen oder dem Magnetfeld der Erde. Vögel ziehen ihre Bahnen am Himmel nach geheimen Gesetzen, die uns verborgen bleiben. Vielleicht dreht sich die Erde nur aufgrund Ihres Flügelschlages. Vögel werden bewusst oder unbewusst als Symbol der Seele gesehen. Mit Flügeln können sie die Dinge aus zwei Perspektiven betrachten, von der Erde und vom Himmel aus. Alle Arten geflügelter Wesen verbinden uns mit der jenseitigen Welt. Ihre Stimmen sind nicht nur die Stimmen des Geistes sondern auch die Stimmen des Instinktes. Wir spüren sie tief im Inneren unseres Körpers, der Klang von Blut und Knochen, von Gewebe und Nerven entspannt uns. Die Vögel singen, keine grossen Räuber sind in der Nähe, alles ist gut: das ist das Vermächtnis unserer Urahnen, das sind 2,5 Millionen Jahre Lebenserfahrung, in uns eingeschriebene Gesetze des Überlebens.

Tiere haben in animistischen Kulturen einen ähnlichen Stellenwert Geister und Dämonen. Eine Kreatur kann mit einem unbewussten Verlangen verglichen werden. Die Schlange ist ein ambivalentes Symbol, sie ist austauschbar mit dem Drachen (Serpent) oder der Echse. Die Schlange ist Asklepios, dem antiken göttlichen Heiler geweiht, sie ist das Symbol der Heilkunst. Sie verkörpert den Dämon oder Genius des Heilenden.  Die Eier der Schlange bedeuten Geburt, die Schlange hält oft das Kraut oder die Frucht der Unsterblichkeit. Sie kann männlich und weiblich sein. Sie steht für Tod und Zerstörung, aber auch für Leben und Wiederauferstehung. Sie repräsentiert den Zyklus des Lebens.

Der Falter, ist – obwohl ihn als Schmetterling das griechische Wort mit Psyche bezeichnet – kein Herrschaftstier, sondern ein Mangelwesen. Er gilt als Symbol für inbrünstiges Sehnen. Mit dem Insektensterben verringert sich der Bestand je nach europäischem Land um 60-80% pro Jahrzehnt. Faktoren wie Klimaerwärmung, Pestizide, Biotopverlust, Dünger und Lichtverschmutzung tragen ihren Teil dazu bei. Wer trägt Verantwortung? Wer bewirkt Veränderung? Was können wir, achtsam lernend und ausgeliefert bewirken?